Pastor Horst H. Krüger betreut rund 100 Mennoniten in Berlin. Foto: Gogol

Sie ist die älteste reformatorische Freikirche – doch in Berlin kennt man sie kaum. Gerade einmal rund 100 Mitglieder hat die mennonitische Gemeinde in der Bundeshauptstadt. Und so kommen auch Gläubige aus Marzahn oder Pankow bis nach Lichterfelde, um sonntags um 10 Uhr am Gottesdienst im Haus Menno teilzunehmen.

Ähnlich dem in der evangelischen Kirche sei der mennonitische Gottesdienst, erklärt Pastor Horst H. Krüger. Allerdings trage er keinen Talar, sondern einen Anzug. Aber es werde gelesen, gepredigt und gebetet im Gemeindehaus. Eine Kirche haben die Mennoniten in Berlin allerdings nicht.

Die Mennoniten gehen auf die Täuferbewegung der Reformationszeit zurück. Es war die Zeit, in der Martin Luther seine Thesen veröffentlichte, Thomas Müntzer die Bauern in ihrem Kampf unterstützte, Huldrych Zwingli in der Schweiz predigte. „Es gärte einfach“, so Krüger. Namensgeber der Kirche ist der friesische Theologe Menno Simons.

Kein Dienst an der Waffe

Im Gegensatz zu vielen anderen Religionen treten die Mennoniten für eine vom Staat unabhängige Kirche ein und lehnen den Dienst an der Waffe ab. Zwei Gründe, für die die Mennoniten in den vergangenen Jahrhunderten verfolgt wurden. Sie seien zwar gute Bürger gewesen, erzählt Krüger, aber dass sie den Wehrdienst ablehnten, stieß auch bei aufgeklärten Herrschern auf wenig Gegenliebe . „Das Toleranzedikt Friedrichs II. galt für Mennoniten nicht“, berichtet der Pastor.

Doch nicht immer blieben die Mennoniten ihren Grundsätzen treu. Bereits vor dem 1. Weltkrieg habe sich die Gemeinschaft von der Wehrlosigkeit verabschiedet, erläutert Krüger. Man hatte sich dem Staat angenähert, wollte dazu gehören, beschreibt Krüger jene Zeit. Und auch während der nationalsozialistischen Herrschaft gab es von Mennoniten kaum Widerstand. Hitler habe sogar geplant, sie als Bauern in verschiedenen Teilen des Reiches anzusiedeln, so Krüger über die jüngere Geschichte der Kirche.

Rückbesinnung auf ursprünglich Werte

Seit einigen Jahren jedoch gebe es wieder eine Rückbesinnung. Dabei ginge es auch darum, seine Identität wiederzufinden. „Wer sind wir denn eigentlich, wenn wir die Wehrlosigkeit aufgeben“, fragt Krüger. Das sei das Profil der Kirche, sonst sei man doch austauschbar. Und so gibt es seit acht Jahren eine Mennonitische Friedenszentrale in Berlin. Zudem wurde ein Friedensbrief verfasst, der weltweit in den mennonitischen Gemeinden diskutiert und verabschiedet wurde. „Wir müssen der Welt sagen, dass es auch anders geht“, betont Krüger. Auch Politiker versuche man für diese Idee zu gewinnen, so sprachen sich die Mennoniten gegen den Afghanistan-Krieg aus.

Was die Mennoniten noch unterscheidet: „Wir taufen keine Kinder, sondern nur gläubige Menschen“, erläutert Krüger. Die meisten seien zwischen 14 und 16 Jahre alt, aber auch schon 70-jährige Spätaussiedler habe man getauft. „Wir machen aber keine Wiedertaufe“, betont der Pfarrer. „Bei uns gibt es keine Sakramente“, sagt er. Das Wasser und auch das Abendmahl seien nur Symbole.

Die Mennonitische Gemeinde in Steglitz ist erst rund 140 Jahre alt, wurde etwa zeitgleich mit dem Deutschen Reich gegründet. Das Haus an der Promenadenstraße 15 b wurde 1952 von der Gemeinde gekauft. Damals habe man ein Haus gesucht, in dem man Flüchtlinge aus der DDR unterbringen konnte, erzählt Krüger. Das Haus sei ideal gewesen – der S-Bahnhof Lichterfelde Ost ist in der Nähe, bis Lichterfelde West und bis nach Teltow ist es nicht weit, zudem hatte das Haus einen Garten und viele Zimmer für Gäste. Heute sei die Lage eher schlecht. „Eigentlich müsstenn wir in die Ost-Bezirke“, sagt Krüger, um die Kirche in die Hochhaussiedlungenen zu bringen, nach Lichtenberg und Marzahn.

(g0)