Mit "Jugend musiziert" suchte man anfangs nach Orchesternachwuchs. Foto: Uwe Steinbrich/pixelio.de

Ein kleines Büro in der Zinnowwaldschule, zwei Tische, ein paar Regale und zwei Frauen. Von hier aus bereitet Anka Sommer den Regionalwettbewerb Süd „Jugend musiziert“ vor. Zwei Tage, bevor am 26. und 27. Januar, der Wettbewerb steigt, herrscht noch geschäftiges Treiben, Teilnahmebescheinigungen werden gedruckt, ein freiwilliger Mitarbeiter hat das falsche Programm zugesandt, jetzt muss Anka Sommer warten, bis das richtige kommt und sie es drucken lassen kann. Stress also bis fast zu letzten Minute. Doch auch wenn alles so ist wie in jedem Jahr, ist es auch ein klein wenig anders – denn in diesem Jahr gibt es etwas zu feiern: den 50. Wettbewerb.

Anka Sommer ist nicht ganz von Anfang an dabei, aber fast. Nur die ersten drei Jahre fehlen ihr. Ihr Mann hingegen, Rüdiger Trantow, war seit der ersten Stunde bei „Jugend musiziert“. Wen kann man also besser fragen zur Geschichte des Wettbewerbs als die Vorsitzende des Regionalausschusses Süd?

Orchesternachwuchs gesucht

Anfang der 1960er Jahre habe es einen Klavierwettbewerb gegeben, erzählt Sommer. „Ewig junges Klavier“ hieß der und wurde von Firmen wie Bechstein und Steinway veranstaltet. Das war ein Vorbild, für den Wettbewerb, den 1964 der Deutsche Tonkünstlerverband, der Verband Deutscher Schulmusiker, der Verband Deutscher Musikschulen und Jeunesses Musicales, die musikalische Jugend Deutschland, aus der Taufe hoben. Ein Jahr zuvor hatten sich die Verbände zusammengetan. Unter der Leitung von Dr. Eckhard Rohlfs wurde der Wettbewerb entwickelt, der sich nicht auf das Klavier konzentriert. „Man suchte damals Orchesternachwuchs“, erläutert Sommer die Hintergründe.

1964 wurde der Wettbewerb für Streicher ausgeschrieben. Warum der allerdings in Berlin stattfand, weiß auch Sommer nicht. Denn schließlich war Berlin ja nicht die Hauptstadt. Ein Jahr später waren die Bläser an der Reihe, sich zu messen. Und so wechselten sich die beiden Instrumentengruppen Jahr für Jahr ab, bis 1970 das Klavier hinzukam. Und es sollten weitere Instrumente folgen. Ein Jahr später das Akkordeon, ein weiteres Jahr danach die Zupfinstrumente, Orgel, Schlagzeug, Harfe stiegen in den Wettbewerb ein, 1992 dann sogar Gesang. Auch internationaler wurde der Wettbewerb, seit 2002 gehört in Berlin die Bağlama, eine türkische Laute hinzu, zudem gibt es einen Wettbewerb interkulturelle Perkussion. Auch moderner ist man geworden. Populäre Musik ist seit sechs Jahren im Wettbewerb.

Heute gebe es für Pop auch sehr professionelle Lehrer, erklärt Sommer. Früher habe es so etwas nicht gegeben, die Gesangslehrer beispielsweise hatten eine klassische Ausrichtung, doch Pop verlange eine eigene Technik. Das habe sich in den vergangenen zehn Jahren entwickelt. Auch ein Wettbewerb für Bands ist hinzugekommen. „Und langsam nehmen die Jugendlichen das auch an“.

Mehr Teilnehmer, größere Professionalität

200 Teilnehmer werden beim Regionalwettbewerb Süd an diesem Wochenende in Steglitz-Zehlendorf antreten – 1979 waren es berlinweit 115. In diesem Jahr werden es mehr als 500 sein. „Es ist erstaunlich, dass bei dem schweren Schulbetrieb die Kinder noch Zeit haben zum Proben“, wundert sich Sommer. Doch nicht nur die Zahl habe zugenommen, sondern auch die Qualität. „Mit zwölf Jahren spielen die Teilnehmer schon Stücke, die spielen andere zur Aufnahme an der Hochschule“, zeigt sich Sommer beeindruckt. Aber es brechen auch viele Musikschüler weg. Die meisten Teilnehmer sind unter 15 Jahre alt – die darüber sind zu sehr mit Schule und Abitur beschäftigt. Weiter machen nur die, die Profis werden wollen. Von ihren rund 500 Schülern sind etwa 70 Profimusiker geworden, so Sommer. Sie hat viele Klassen zum Wettbewerb geführt, auch in diesem Jahr hat sie eine Ensemble dabei. Zudem sitzt sie wieder in der Jury.

Auch anderes hat sich geändert oder ändert sich noch. So würden die Kinder heute überbeschützt, es gebe auch viele ehrgeizige Lehrer, die von ihren Schützlingen den ersten Preis erwarten. Zudem steige die Zahl privater Musikschüler, die an dem Wettbewerb teilnehmen. Und die Teilnehmer seine internationaler, zwar haben alle einen deutschen Pass, aber mindestens ein Elternteil habe einen anderen kulturellen Hintergrund.

Konzert mit Berliner Bundespreisträgern

Der Regionalwettbewerb in Berlin wurde immer von Steglitz aus organisiert, erzählt Anka Sommer. Ihr Mann war damals der Chef des Landesausschusses von „Jugend musiziert“. Erst nach der Wiedervereinigung, im Jahre 1991, wurde der Berliner Wettbewerb in drei Regionen aufgeteilt, in Nord, Mitte und Süd. Zu Süd gehört neben Steglitz-Zehlendorf auch Tempelhof-Schöneberg, Neukölln und Treptow-Köpenick. Organisiert wird der Wettbewerb ehrenamtlich, nur die Durchführung werde vom Senat bezahlt, berichtet Sommer.

Zum 50. Wettbewerb in Berlin verspricht Anka Sommer ein besonderes Highlight. Ehemalige Berliner Bundespreisträger des Wettbewerbs hat sie angeschrieben – und die meisten haben sofort zugesagt, bei einem Jubiläumskonzert spielen. Darunter die Brüder Sebastian, Nikolaus und Michael Römisch, Manuel Fischer-Dieskau, Holger Groschopp und Gabriella Strümpel. Am Sonnabend, 13. April, werden sie im Kammermusiksaal der Philharmonie ein Jubiläumskonzert spielen. Präsentiert wird das Konzert vom Deutschen Tonkünstlerverband Berlin. Karten gibt es ab zehn Euro unter der Telefonnummer (030) 9 02 99 63 56.

 (go)