Im Heimatverein stellte Klaus-Peter Laschinsky die neue Ausstellung des Zehlendorfer Heimatvereins zum Kulturstart 1945 vor. Foto: Gogol

70 Jahre Kriegsende wird in diesem Jahr gefeiert – mit zahlreichen Ausstellungen und weiteren Kultur- und Gedenkveranstaltungen. Der Heimatverein Zehlendorf macht es anders. Er erinnert an den Anfang und eröffnete am Donnerstag im Heimatmuseum eine Ausstellung zum Kulturstart in Zehlendorf 1945.

„Kleine Pflänzchen kultureller Art“ habe es damals schon kurz nach Kriegsende gegeben, berichtet der Heimatvereinsvorsitzende Klaus-Peter Laschinsky. Die Kulturstätten in der Berliner Innenstadt waren weitestgehend zerstört, die Künstler zog es somit an die Peripherie.

Den einstigen Lindenpark, heute Teil des Tomasa, baute Erwin Kuschwitz zum „Künstlerhaus Zehlendorf“ aus, erzählt Lachinsky. Dort machte der bekannte Regisseur Jürgen Fehling seinen Traum von einem freien und selbstbestimmten Theater wahr, das bereits im August 1945 eröffnete, mit einer Inszenierung des „Urfaust“.

Ein weiteres Pflänzchen war das „Haus am Waldsee“, das zunächst zur Registrierstelle für Künstler wurde. Denn Kunst diente damals nicht dem Selbstzweck, sondern den Alliierten zur Entnazifizierung und demokratischen Bildung der Deutschen. Jede künstlerische Aktivität stand unter der Beobachtung der amerikanischen Zensurbehörde. „Ohne sie ging nichts“, so Laschinsky. Und so darf auch sie in der Ausstellung nicht fehlen.

Das Haus am Waldsee wurde bald vom Amt für Volksbildung übernommen und zum einen Ausstellungsstätte für bildende Künstler wie die „Zehlendorfer Frauengruppe“ der Malerin Hannah Höch und der Bildhauerin Renée Sintenis. Eine Besonderheit war die Gruppe, weil „Kultur weitestgehend männlich geprägt “ war – zumindest zur damaligen Zeit, berichtet Laschinsky. Das Haus am Waldsee hatte aber auch einen Garten mit Bühne, auf der die Berliner Symphoniker am 20. Juni 1945 ihr ersten Konzert nach Kriegsende spielten. Es folgten in Zehlendorf zahlreiche weitere Auftritte des Orchesters, das nach Ende des Krieges seinen Sitz in Dahlem hatte.

Zum kulturellen Wiederanfang gehörten auch die Kinos, zum Beispiel das Bali und das Capitol, die es beide heute noch gibt, aber auch in der Zinnowwald-Schule und dem Zehlendorfer Rathaus wurden regelmäßig Filme, vor allem sowjetische und amerikanische, gezeigt.

„Die Menschen waren nach dem Krieg kulturdurstig“, so Laschinsky. Vor allem, weil unter den Nationalsozialisten Kunst zensiert wurde und alles, was nicht gefiel, als „entartet“ deklassiert wurde.

Von April 1945 bis Ende 1947 reicht die Ausstellung im Heimatmuseum, „dann war der Anfang zu Ende, dann war es etabliert“, sagt Laschinsky lachend.

Auch wenn es nach dem Wiederaufbau viele Künstler wieder in die Innenstadt zog, eine kulturelle wüste sei Zehlendorf heute mitnichten, findet der Heimatvereinsvorsitzende. Im Ortsteil gebe es Museen, Galerien, Zimmertheater und noch immer das Haus am Waldsee. Die Philharmoniker seien in der Mitte sehr gut aufgehoben, findet er. Und vor allem sei es mit der S-Bahn ja nicht weit bis in die Innenstadt. „Wir sind hier nicht von der Kultur abgeschnitten“, so Laschinsky

Die Sonderausstellung: „Bühne frei! Vorhang auf! Kulturstart 1945 in Zehlendorf“ ist bis Ende Januar im Heimatmuseum Zehlendorf zu sehen. Geöffnet ist montags und donnerstags von 10 bis 18 Uhr, dienstags und freitags von 10 bis 14 Uhr, der Eintritt ist frei.

(sn)