Das Team für den Stadtpark (von links): Enno Kaufhold, Wolfgang Holtz, Christian Simon, Wolfgang Becker-Brüser, Gottfried Wiedenmann. Foto: Gogol

Rappelvoll ist der Wasserturm auf dem Friedhof an der Bergstraße am Samstagvormittag. Dort, im Sitz des Medizinverlags AVI, stellen Wolfgang Holtz und Christian Simon ihr neues Buch über den Stadtpark Steglitz vor. Vor allem Holtz scheint fast jeden Gast persönlich zu kennen, wird gegrüßt, grüßt selber. Derweil besorgt Verleger Wolfgang Becker-Brüser noch ein paar Klappstühle für die Gäste.

Seine Frau sei „Schuld“ an dem Buch, erzählt Holtz dann bei der Präsentation. Vor ein paar Jahren las sie in einer Zeitung, dass im Stadtpark Steglitz eine Führung stattfindet. „Willst Du nicht hingehen?“, soll sie ihn gefragt haben. Und er ging. Für ihn sei der Stadtpark relativ unbekanntes Gelände gewesen, erzählt der Heimatforscher, er nutze ihn meist nur als „Transitweg“. Doch auch die Führung hilft ihm nicht weiter, erinnert er sich. „Ich hatte danach mehr Fragen als vorher. Es kann doch nicht sein, dass andere auch nicht mehr wissen, aber Führungen anbieten“, beschreibt der Steglitzer seine Gedankengänge. Das Interesse war geweckt. Wieder zu Hause durchstöberte Holtz sein Steglitz-Archiv, dann das des Heimatvereins Steglitz, dessen Leiter er jahrelang war. Er fand jede Menge Material. Als ihn dann Becker-Brüser, in dessen Verlag er bereits ein Buch über den Friedhof an der Bergstraße herausgegeben hatte, fragte, womit er sich gerade beschäftigte, war die Idee zum Buch geboren.

Ein Co-Autor musste her. Holtz rief Christian Simon an, ebenfalls Heimatforscher, mit dem er schon andere Projekte realisiert hatte. „Du hast auch nicht mehr gewusst als ich“, sagt Holtz lachend zu Simon. Der gesteht: „Ich habe mich erschrocken, als ich gefragt wurde, ob ich Co-Autor werden will.“ Sträucher, Bäume, Enten – mehr sei ihm nicht eingefallen zum Stadtpark. Das änderte sich in den vergangenen zwei Jahren, in denen die beiden Männer eifrig in Archiven und vor Ort recherchierten. Sie fanden heraus, dass es einst drei Tennisplätze gab, die im Winter geflutet auch zum Eislaufen genutzt wurden, sie entdeckten versteckte Kunstwerke wie den Bacchus von Richard Ohmann und trugen jede Menge historische Bilder zusammen – von Kindern, die im Park spielen, von der Straßenbahn, die früher bis zum Park fuhr und von der alten Brücke, die der Brückenstraße einst den Namen gab. Überraschend für Simon war, dass es an der Albrechtstraße kurz vor dem 1. Weltkrieg eine Irrenanstalt gab und dass die Villa Veit abgerissen und nicht, wie er dachte, im Krieg zerstört wurde.

Holtz und Simon holten sich noch weitere Experten mit ins Boot. So den Fotografen und Fotowissenschaftler Enno Kaufhold, der Bilder und Text zum Künstler und Fotografen Christian Schad, der Mitte der 1930er Jahre am Hermesweg wohnte, beisteuerte. Gemeinsam seien sie durch den Stadtpark gegangen, hätten jedes Bild rekonstruiert, um zu sehen, was sich geändert hat und haben die künstlerischen Bilder Schads mit Postkarten aus der Zeit verglichen, erzählt Kaufhold. All das fand seinen Niederschlag im Buch.

Insgesamt 238 Bilder fanden Eingang ins Buch, auch Bilder von der Tier- und Pflanzenwelt, mit der sich der Biologie-Professor Gottfried Wiedenmann beschäftigte. „Ich habe sehr viele schöne Ecken entdeckt, die auch für ’normale‘ Menschen interessant sind“, so Wiedenmann.

In einer Auflage von 1.500 Exemplaren ist das Buch erschienen. Vielleicht ist es sogar noch in zwei Jahren erhältlich, wenn der Stadtpark 100 Jahre alt wird.

mehr zum Buch/Text zur Führung durch den Stadtpark Steglitz mit Wolfgang Holtz

(go)